Sonntag
Der Wecker klingelt – ich bin schon vorher wach und frag mich wie jeden Morgen, wie wohl das Wetter heute wird. Der Blick aus meinem Hotelzimmer macht gute Laune:
Und noch ein Blick nach rechts:
Das fängt ja schon mal gut an. Es ist genauso ruhig, wie es aussieht, keine Autos, keine Disco, nichts stört die Ruhe an diesem Sonntagmorgen (wird höchste Zeit, das Motorrad anzuschmeißen).
Doch bevor es losgeht, wie jeden Morgen der Blick in den Kleiderschrank die Frage: Was zieh ich an?
- oben links: die Handschuhe für den Sommer (hätte ich auch zuhaus lassen können).
- unten links: wenn’s richtig kalt wird die „Schweineklauen“; haben sich sehr gut bewährt und ich bin froh, dass ich sie dabei hatte.
- die anderen beiden Paare: „weatherproof” wenn’s kalt ist (Mitte) und wenn’s warm aber nass ist (unten rechts). Wobei weatherproof leider nicht bedeutet, dass die Handschuhe wasserfest sind. Nach ein paar Stunden im Regen sind sie komplett durchgeweicht; für einen Tag im Regen braucht man also mindestens 2 Paar davon. Da muss ich nochmal ran …
Was der Biker drunter trägt, ist zwar eigentlich sein Geheimnis, aber wo wir gerade schon beim Thema sind …: Regen ist beim Moppedfahren kein Problem, vorausgesetzt man hat einen Regenkombi oder einen entsprechenden Textilkombi an. Was aber wirklich unangenehm ist, ist stundenlanges Frieren. Macht keinen Spaß, echt nicht. Um das zu vermeiden, war ich eine Woche vor der Tour noch einkaufen. Und weil ich unterwegs tatsächlich kein einziges Mal gefroren hab, gibts hier ein bisschen unbezahlte Werbung für die Vanucci Thermolite (oben, unten). Hält ordentlich warm und sieht auch noch ungeheuer sportlich aus.
Heute geht’s in die Schweiz und die ersten Kilometer dort lege ich etwas behutsamer als gewohnt zurück. Individuellen Interpretationen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit begegnet man dort ja bekanntlich mit noch deutlich weniger Humor als hierzulande und so bin ich anfangs etwas gehemmt, aber das gibt sich. Ich fahre auch tatsächlich an zwei mobilen Laserpistolen-Radarkontrollen vorbei, vorbildlich im Rahmen des Erlaubten, versteht sich.
Es stehen wieder ein paar feine Pässe auf dem Programm (hier die Tageskarte im neuen Fenster), zunächst der Passo Campo Carlo Magno. Das ist ein eigenartiges Bild auf vielen dieser Strecken: Ein großer Teil der Wintersportorte ist einfach geschlossen. Skilifte sind ausgeschaltet, Hotels haben Betriebsferien, keine Autos, keine Menschen, niemand unterwegs, alles dunkel. All die Bespaßungsanlagen, wie man sie auch aus eigenen Winterurlauben kennt: verlassen, wie Geisterstädte. Besonders seltsam ist dieses Bild, wenn rundherum so viel Schnee liegt, dass es zum Skilaufen auf jeden Fall reichen würde. Immerhin erlebe ich heute zwei oder drei Wintersportgebiete, in denen mir tatsächlich Leute in Skischuhen entgegenkommen. Vielleicht fragen sie sich, wie man hier im tiefsten Winter Motorradfahren kann, manche sehen mich so an. (Man kann sehr gut, übrigens.)
Nach dem Passo del Tonale (1.884 m) und dem Passo dell‘Aprica (1.176 m) bin ich nun auf dem Weg zum höchsten Punkt meiner kleinen Osterrunde: dem Berninapass auf 2.330 m Höhe. Es ist wenig Verkehr, die Straßen sind gut befahrbar und ich bin im Kurvenrausch. Herrlich.
Oben leg ich eine kurze Pause ein, treffe einen Motorradfahrer, wir wechseln ein paar Worte. Der Kollege friert (hat wahrscheinlich nicht die richtige High-Tech-Unterwäsche an). Ich bin zwar nicht durchgefroren, trink aber trotzdem erst mal einen großen, heißen Kaffee; Kaffee geht immer und man weiß ja nie. Am Nebentisch seziert jemand ein Stück Fleisch und ich freu mich, dass ich das nicht essen muss.
Über St. Moritz, den Julierpass (2.284 m), eine kurze Station in Vaduz und das Faschinajoch (1.486 m) erreiche ich meine Station für heute Abend in Dornbirn.
PS: Heute keinen Regenkombi gebraucht.
Montag
Das Wetter ist so mittel, in der Nacht hat es geregnet, der Himmel ist voller Wolken und ich stell mich auf Regen ein, richtig so. Für die Rückreise habe ich mich wieder an einer der Strecken aus der Motorrad, Ausgabe 16/2012, Die schönsten Strecken in die Alpen orientiert (hier die große Karte). Über Bregenz geht’s jetzt erst mal auf den Pfänder. Von hier aus hat man bei guter Sicht so etwa den ganzen Bodensee im Blick – heute jedoch nicht. Macht nichts, ich habe so viel gesehen in den letzten Tagen, dass es für mehrere Tage mit Regen und Nebel reichen würde.
Auf der Heimfahrt werde ich auch nicht gerade vom Wetter verwöhnt, aber es bleibt dabei: Autobahn ist keine Option. Die Strecke macht auch bei Regen Spaß und in Gedanken bin ich noch im Gebirge. Nach 1.833 km komme ich wieder zu Hause an.
Und? Wie war’s? Es war großartig, ich würde sofort wieder losfahren.
weiterlesen:
← Über Ostern zum Gardasee, Teil 1: hintenrum zur Kronburg
← Über Ostern zum Gardasee, Teil 2: Osterpässe und Ruhe im Hafen
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